»Mama und Papa hatte ich nicht, ich musste Renate und Eberhard sagen«: Das Dosenmilch-Trauma & andere Geschichten eines 68er-Kindes
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[Rezi] Jess Jochimsen – »Mama und Papa hatte ich nicht, ich musste Renate und Eberhard sagen«: Das Dosenmilch-Trauma & andere Geschichten eines 68er-Kindes

Klappentext

Eine satirische Reise durch bewegte Zeiten. »Ich habe nie kapiert, warum ausgerechnet meine Eltern für die Atomkraftwerke und den Weltfrieden zuständig waren – und das jedes Wochenende.« Zum runden Geburtstag von Protestkultur, antiautoritärer Erziehung und sexueller Revolte bietet dieser Band ein hochkomisches Generationen-Porträt. Versammelt sind die schönsten Geschichten aus Jochimsens Satire-Bestsellern ›Das Dosenmilch-Trauma‹ und›Flaschendrehen‹.

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Zitat

„‚Petting statt Pershing!‘ O Mann! Petting kannte ich, das hatte es ja eben erst gegeben, in der Früh, live daheim. Angesichts dessen musste Pershing etwas Grauenvolles sein. So lief sie ab, meine politische Grunderziehung: Bettlaken einsauen, beschriften und dann stundenlang in der Öffentlichkeit demonstrativ hochhalten.“ – Kapitel „Friede, Freude, Eiersuchen“, Seite 61-62.

Meine Meinung

Bei „»Mama und Papa hatte ich nicht, ich musste Renate und Eberhard sagen«: Das Dosenmilch-Trauma & andere Geschichten eines 68er-Kindes“ handelt sich um eine Neuauflage des bereits 2000 erschienenden Buchs „Das Dosenmilch-Trauma: Bekenntnisse eines 68er Kindes“ * von Jess Jochimsen zum 50jährigen Jubiläum der 68er Bewegung. Ich persönlich bin allerdings erst durch die Frühjahrsvorschau von dtv auf das Buch aufmerksam und vorallem wegen des Titels neugierig geworden.

Das Buch ist in einem lockeren, aber packenden Schreibstil verfasst. Der Humor kommt sehr gut rüber, was in Schriftform gerne mal daneben gehen kann. Selbst Geschichtsmuffel, die sich nie mit den 68ern auseinandergesetzt haben, kommen hier auf ihre Kosten. Das Buch teilt sich in mehrere kleine Kapitel sowie einseitige Zwischenschübe mit jeweils einem mehr oder weniger dazu passenden Bild dazu auf. Es gibt immer wieder einzelne widerkehrende Elemente, wie Jess‘ ewige Jugendliebe, aber an sich wäre jedes Kapitel auch für sich alleinstehend lesbar. Ideal also für den kleinen Schmunzler zwischendurch.

Jedoch muss ich mir auch ein wenig Kritik erlauben. Wie bereits erwähnt, trifft der Humor zwar zumeist meinen Zahn, aber er ist auch an einigen Stellen daran vorbeigeschlittert. Hier wirkte es für mich so als würde der Autor sich vom humoristischen ins literarische wegbewegen wollen. Leider scheiterte für mich dieses Experiment. Da aber, wie gesagt, jedes Kapitel einzeln lesbar ist, könnte man theoretisch diese Teile einfach überspringen, wenn sie einem ebenfalls nicht gefallen.

Fazit

»Mama und Papa hatte ich nicht, ich musste Renate und Eberhard sagen«: Das Dosenmilch-Trauma & andere Geschichten eines 68er-Kindes“ ist ein gelungener, spitzzüngiger, aber durchauch lustiger Rückblick auf Jess Jochimsens – oder sollte ich Jens Joachim sagen? – Kindheit zwischen Althippies und Dosenmilch. Hier und da gibt es kleinere Schwächen über die man aber im Größeren doch hinweg sehen kann.

Wertung

4


Einen herzlichen Dank an dtv für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars.

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