[Geschichte] Isabella von Kastilien – Die katholische Königin aus eigenem Recht
Mary Stuart, Elizabeth I und Queen Victoria. Wir alle kennen die Königinnen der britischen Inseln, die aus eigenem Recht regierten. Auch von Maria Theresia, der Königin von Ungarn und Böhmen sowie regierenden Erzherzogin von Österreich, haben viele bereits gehört. Doch Isabel de Castilla, wie sie in ihrer Heimat genannt wird, ist im deutschsprachigen Raum weitgehend unbekannt. Aber auch sie saß auf einem Thron aus ihrem eigenem Recht und war zugleich auch noch eine Königin durch Heirat. Als wäre das allein nicht genug, vereinten sie und ihr Ehemann zudem das, was wir heute Spanien nennen. Wie wurde aus einer kastilischen Prinzessin, die beim Tod ihres Vaters nur an Platz 3 der Thronfolge stand, die einflussreichste Königin der iberischen Halbinsel?
Die Vertriebene Infanta
Isabella, oder Isabel wie ihr spanischer Name lautet, war das älteste der beiden überlebenden Kinder aus Juan II. de Castiles zweiter Ehe mit Isabella von Portugal. Als Isabel gerademal drei Jahre alt war, verstarb ihr Vater und ihr Halbbruder Enrique IV bestieg den kastilischen Thron. Dieser vertrieb seine Stiefmutter samt derer beiden Kinder vom Hofe. Obwohl ihr Vater angewiesen hatte, dass Isabel, ihre Mutter und ihr Bruder Alfonso gut versorgt werden sollten, ignorierte Enrique dies und Isabel wuchs für eine Prinzessin in ärmlichen Verhältnissen auf. Es half auch nicht, dass ihre Mutter mit der Vertreibung vom Hofe in tiefe Depressionen verfallen war und sich nicht um sie und Alfonso kümmerte. Erst als Enriques Frau Joana ein Kind geboren hatte, ließ er seine Halbgeschwister zurück an den Hof kommen und sie dort unterrichten.
Die Erbin von Kastilien
Doch der von Joana geborene Tochter Joanna la Beltraneja wurde unterstellt ein Bastard zu sein. Die Königin hatte sich einen Liebhaber genommen. Enrique ließ sich scheiden und erklärte Joanna zu seiner Erbin. Der Adel war unzufrieden mit Enriques Herrschaft und er wurde vom Adel dazu gedrängt statt Joanna seinen Halbbruder Alfonso offiziell als seinen Erben zu benennen. Er tat dies letztendlich, aber nur unter der Bedingung das Alfonso Joanna heiraten würde. Doch recht schnell nach seiner Ernennung verstarb Alfonso auf bis heute ungeklärte Weise. Er hatte Isabel als seine Erbin benannt. Die Rebellen fragten sie seinen Platz einzunehmen, doch die junge Infanta war ein Freund der Diplomatie. Sie traf sich mit Enrique und beendete den Konflikt mit einer Einigung. Enrique ernannte sie zu seiner Erbin statt Joanna, dafür würde Isabel nicht ohne seine Zustimmung heiraten. Allerdings könnte er seine Halbschwester auch nicht zwingen, jemanden zu heiraten, den sie nicht wollte.
Eine Ehe mit Aragon
Isabel war eine beliebte Heiratskandidatin ihrer Zeit. So hatte Enrique so einige Male versucht sie zuvor zu verheiraten, um entweder Allianzen oder den Frieden zu sichern. Isabels Absicht jedoch war es Ferdinand von Aragon zu heiraten. Einst war sie als sechsjährige sogar bereits mit ihm verlobt gewesen, doch politische Umstände hatten zur Auflösung dieser Vereinbarung geführt. Aber Enrique hatte keine Absicht sich wirklich an die Vereinbarung zu halten. Isabels Position als seine Erbin war zu wertvoll, um sie nicht als Kleber einer Allianz zu nutzen. Doch während Enrique noch versuchte seine Halbschwester mit dem Herzog von Bery zu verheiraten, verhandelte diese bereits mit dem König von Aragon über die Hand seines jüngsten Sohnes. Jedoch mussten sie noch auf die Zustimmung des Papstes warten, waren Isabel und Ferdinand doch Cousins zweiten Grades und damit eigentlich zu nah verwandt um zu heiraten. Sie erhielten den Dispens und heirateten am 19. Oktober 1469. Hierfür hatte Isabel den Hof verlassen unter dem Vorwand das Grab ihres Bruders Alfonsos besuchen zu wollen und Ferdinand überquerte die Grenze nach Kastilien als einfacher Bürger verkleidet.
Reina Isabel de Castilla – Königin Isabella von Kastilien
Fünf Jahre nach ihrer Eheschließung kam endlich Isabels großer Tag. Enrique starb und sie wurde als Königin von Kastilien und León ausgerufen. Aber Isabels Nichte Joanna hatte noch nicht aufgegeben. Sie schmiedete ihre eigene Allianz mit ihrem Onkel und Ehemann dem König von Portugal. Gemeinsam erklärten sie Isabel und Ferdinand den Krieg. Er würde die ersten Regierungsjahre dominieren und erst wirklich enden als Isabel nach einer möglichen Thronfolgerin auch einen Thronfolger gebar. Auch Columbus „Entdeckung“ der neuen Welt im Auftrag der Kronen Kastiliens und Aragons half Isabella ihren Anspruch auf den Thron zu festigen.
Die katholischen Monarchen und die Reconquista
Isabels und Ferdinands Lebenswerk ist die so genannte Reconquista, die Rückeroberung der iberischen Halbinsel von der muslimischen Herrschaft. Diese Taten würden ihnen unter anderem den vom Papst verliehenen Titel „Katholische Könige“ einbringen. Unteranderem aus diesem Grund hat die spanische Königsfamilie noch heute das Privileg Weiß zu tragen, wenn sie sich mit dem Papst treffen. Die Reconquista endete 1492 als nach zehn Jahren auch endlich Granada erobert war. Die Grundlage für ein vereintes Spanien war gelegt.
Isabels Vermächtnis
Beinahe wäre Portugal heute auch Teil dieses Staates. Isabels Sohn und Erbe verstarb, woraufhin ihre älteste Tochter, die Königin von Portugal, und deren Sohn die nächsten Erben wurden. Doch auch sie starben bevor sie den Thron besteigen konnten. Stattdessen wurden die katholischen Monarchen von ihrer Tochter Juana la Loca und ihrem habsburgischen Ehemann beerbt. Mit ihnen begann auch die Herrschaft der Habsburger über Spanien. Währenddessen war die jüngste Tochter Catalina als Katharina von Aragon Königin von England geworden. Als jedoch Anne Boleyn in ihr Leben trat, sollte sich für sie alles ändern. Isabel erlebte dies nicht mehr, da sie am 26. November 1504 verstarb, nachdem sie sich Mitte September bereits aus den Regierungsgeschäften zurückgezogen hatte.
Dieser Beitrag entstand ursprünglich als Prüfungsleistung im Wintersemester 2019/20 im Rahmen eines Seminars zu Geschichte und Bloggen. Die Veröffentlichung erfolgte nach der Bewertung und mit ausdrücklicher Erlaubnis des Dozenten. Diese Beiträge werden ebenfalls in Zukunft auf dem studentischen Blog erscheinen. Zu dieser Reihe gehören noch drei weitere Beiträge über Frauen in Machtpositionen:
3 Kommentare
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Wissenstagebuch
Hallo Sarah,
ich freue mich sehr über diesen Artikel, denn ich habe in letzter Zeit zwei Romane über die Geschichte Andalusiens gelesen und die Figur der Isabella fand ich faszinierend (ebenso ihre Tochter, aber über die scheint noch weniger bekannt zu sein).
In dem Jugendbuch „Alhambra“ von Kirsten Boie schwankte Isabella zwischen großer Frömmigkeit und deshalb den Kirchenoberen hörig und einem Kampf gegen ihren Mann Ferdinand, der sich lieber seinen Geliebten widmete.
In dem umfangreicheren (und deutlich ausführlicher recherchierten) „Die Pfeiler des Glaubens“ von Ildefonso Falcones war Isabella schon tot, aber die Nachwirkungen der Reconquista spielten eine große Rolle für die Handlung des Romans, der sich hauptsächlich um muslimische Widerstandsbewegungen drehte.
Viele Grüße
Jana
#litnetzwerk
BooksonFire
Hallo Jana,
danke für die tollen Buchtipps. Und Juana finde ich auch noch spannend und hätte gerne auch noch für mein Seminar über sie geschrieben, aber wir durften nur 4 Beiträge zur Bewertung einreichen und ich hatte mich schon festgelegt auf eine Frau, die aus eigenem Recht regiert, eine Frau, die für andere regiert, und eine die Macht als Ehefrau und/oder Geliebte erlangt hat sowie den osmanischen Harem als Kontrast zur eurozentrischen Darstellung. Der Beitrag zu letzterem erscheint demnächst noch. Ich hätte auch gerne noch etwas zu Herrscherinnen gemacht, die ihre Macht nicht halten konnten, aber das werde ich vielleicht nochmal in der Zukunft machen.
Liebe Grüße
Sarah